Von einem tiefen Niveau ausgehend ist auch nur eine kleine Verbesserung doch schon eine positive Veränderung. Wenn man aber von einem ganz hervorragenden Jahr, wie dies 2006 war ausgeht, so fehlen einem ganz einfach die Worte, das noch nicht einmal beendete Jahr 2007 zu kommentieren! "Einmalig", "sensationell" sind keine Uebertreibungen! Lassen Sie es mich zusammenfassend so ausdrücken: in meinen 41 Jahren als Berufsphilatelist war es mit Abstand das beste Jahr und ich kann mir nicht vorstellen, je wieder ein solches zu erreichen! Wir durften zahllose kleinere und mittlere Stücke und Objekte erwerben und wurden auch bei der Veräusserung von sehr grossen Sammlungen kontaktiert. Wissen Sie, was mich daran am meisten freut? Es ist keineswegs der grosse Umsatz (der macht höchstens überheblich und eingebildet), sondern die Tatsache, dass man überhaupt wegen des Ankaufs angefragt worden ist. Und nicht nur das: nach erfolgtem Ankauf braucht es ja auf der andern Seite auch wieder einen oder gar sehr viele Käufer, die einem die Weitergabe solch riesiger Objekte ermöglichen. Sonst wäre man mit den eigenen Mitteln ja recht bald einmal am Ende! Und beides zusammen - die Berücksichtigung beim Ankauf wie auch beim Verkauf - sind Zeichen eines grossen Vertrauens in die Sachkompetenz und die Seriosität von Seiten der Marktteilnehmer. Und dieses Vertrauen kann man nicht "kaufen". Es wird einem aber auch nicht einfach geschenkt; man muss es sich erarbeiten. Und genau deshalb bin ich jedes Jahr sehr dankbar, wenn uns im Geschäft dieses Vertrauen entgegengebracht wird. Ich versuche dies seit mehr als vier Jahrzehnten zu rechtfertigen, aber ob und inwieweit es mir gelungen ist, müssen Sie selber beurteilen. Der wesentliche Unterschied des Marktgeschehens zum bereits sehr guten Jahr 2006 liegt wohl darin, dass 2007 in vermehrtem Masse die grossen Stücke gesucht worden sind vor allem im Kantonalbereich, aber auch bei solchen der Rayons und der Strubel. Während 20 bis 25 Jahren tat man sich als Händler recht schwer, von den "grossen"
Kantonals ein schönes, gepflegtes Lager mit losen Stücken, wie vor allem auch mit diesbezüglichen Briefen zu unterhalten. Zwar konnte man durchaus immer wieder einmal etwas davon verkaufen, aber viel weniger, als man neu hätte dazukaufen können. Diese Ware lag einfach zu schwer am Lager, blockierte die eigenen Mittel und hinderte einen daran, andere Ankaufsmöglichkeiten wahrzunehmen mit kleineren Sachen, die viel schneller umsetzbar gewesen wären. Das ist mit ein Grund, warum die Katalogpreise für die Kantonalmarken seit vielen Jahren nicht mehr gestiegen sind. Nun sind aber neue Käufer aufgetreten, die nicht nur genau diese lange Jahre vernachlässigten "schweren Kantonals" suchen, sondern diese wirklich auch kaufen möchten. Und zwar nicht einzeln, sondern meist mehrfach. Das bringt dem Markt eine sehr erwünschte Entlastung. Bei den teuersten Nummern (Zürich 4, Doppelgenf, Basler Taube, Waadt 4, Poste Locale ohne Kreuzeinfassung) sind die Katalogpreise überholt, dies gilt vor allem für schöne Briefe. Noch keine Auswirkungen hat diese Entwicklung auf die "kleinen Kantonals", die sich zwar auch besser verkaufen, deren Katalogpreise aber nach wie vor im richtigen Rahmen liegen. Eine gewisse Besorgnis löst die Erkenntnis aus, dass nicht alle dieser neuen - und sehr finanzkräftigen - Käufer als reine Sammler zu bezeichnen sind. Wenn diese prominenten und für uns sehr wichtigen Nummern spekulativ erworben werden, so kann man nur hoffen, dass sie auch unter Wahrung der nötigen Vorsicht dereinst wieder einmal in den Markt zurück- fliessen werden.
Ausblick und Dank: Die Frage stellt sich nach einem solchen Jahr natürlich sofort, wie es denn wohl weiter gehe. Mir scheinen die Perspektiven alles in allem nach wie vor günstig zu sein. Zwar wird die Hypothekenkrise in den USA noch einige Zeit zu schaffen machen. Aber doch in erster Linie den Banken und viel weniger der Allgemeinheit und damit auch den normalen Sammlern. Die Inflation wird weltweit wohl etwas steigen, aber dies in einem durchaus erträglichen Rahmen. Positiv fallen höhere Löhne in vielen Ländern ins Gewicht und nach wie vor eher weiter fallende Arbeitslosenzahlen. Die Angst vor dem Verlust des Arbeitsplatzes, die viele der kleinen Sammler früher davon abgehalten hatte, die vorhandenen Mittel in ein Hobby wie das Briefmarkensammeln zu investieren, ist weiterhin unbegründet. Die Zinssätze werden etwas steigen, aber auch dies in einem verträglichen Rahmen, sodass man alles in allem von nach wie vor positiven Aussichten ausgehen kann. Der Dollarzerfall hat sich bisher erstaunlicherweise überhaupt nicht auf die Philatelie ausgewirkt und da es auch dort nicht auf einer Einbahnstrasse nach unten gehen wird sind auch die Währungskurse im kommenden Jahr kaum ein negativer Faktor. Im Gegenteil, könnte man vielleicht sogar formulieren!
Denn Deutschland ist in der Nachfrage bislang eines jener Länder, die nachfragemässig zurückgeblieben sind. Jetzt steigen dort aber die Löhne und der Euro ist überaus stark (das wird wohl so bleiben), sodass sich Käufe im Ausland für Deutschland - und andere Euro-Länder in Europa - verbilligt haben. Und da Anlagen in Aktien vorderhand reichlich unsicher erscheinen und solche in Obligationen noch immer keine berauschende Rendite abwerfen, wird auch von dieser Seite her weiterhin einiges Geld in alternative Anlagen wie die klassischen Briefmarken fliessen. Hier kann man sich zumindest an einem herrlichen Sammelobjekt tagtäglich erfreuen. Schätzen Sie diesen Vorzug nicht gering ein! Sie sollten sich vielmehr die Frage stellen: was ist mir eine tägliche Freude denn eigentlich wert? Genau darum geht es! Eine solche können Sie haben und erleben, wenn Sie zielgerichtet in der Philatelie etwas aufbauen und sich sachkundig beraten lassen!
Nach einem einmaligen Geschäftsjahr stellt sich die Frage noch viel mehr als nach Abschluss eines "normalen" Jahres, wer denn für diesen Erfolg eigentlich verantwortlich sei. In erster Linie sicher einmal Sie, sehr verehrte Kundinnen und Kunden, liebe Kolleginnen und Kollegen. Ihnen allen möchte ich von Herzen für das Vertrauen danken, das wir erneut erleben durften. Es ist Ansporn für uns, dies auch im neuen Jahre zu rechtfertigen. Dieser Dank an Sie möchte ich mit einer Entschuldigung verbinden: obwohl unser Lager derzeit wohl grösser ist als je zuvor in den letzten Jahren konnten wir aus rein zeitlichen Gründen viel weniger Sammlungen und Posten aufarbeiten als üblich. Das hat viel mit Ausstellungen zu tun, aber auch mit Nachfragen nach ganzen Sammlungen und grösseren Posten. Wenn man schon zeitlich unter einem gewaltigen Druck steht und aus diesem Grunde auch der nächste Katalog für einmal etwas schmaler ausfallen wird (obgleich das Material dafür vorhanden wäre, aber noch nicht aufgearbeitet ist), so ist es nahe liegend, dass man erworbene Objekte halt nicht zeitaufwendig aufarbeitet (mit unsicherem Verkaufserfolg), sondern en bloc den durchaus vorhandenen Interessenten anbietet und in ganz erstaunlich hohem Masse auch verkaufen konnte. Auch im neuen Jahre wird sich dies wohl noch nicht grundlegend ändern. Darunter haben vor allem die Heimatsammler "gelitten", die in diesem Jahre wesentlich weniger Stücke angeboten erhalten haben, weil deren Aufarbeitung einfach zeitlich nicht immer möglich war. Sofern Sie solche unverbindlichen Vorlagen also vermisst haben, mögen Sie versichert sein, dass ich dies im neuen Jahre zumindest teilweise zu korrigieren versuche!
Vergessen Sie aber nicht, dass unser Geschäft keineswegs ein Einmannbetrieb ist. Mein Sohn Markus stellt nicht nur den Katalog zusammen und redigiert ihn ganz alleine, sondern er unterhält auch den Auftritt im Internet. Ueberhaupt ist unser Geschäft ohne seine Mitarbeit gar nicht mehr vorstellbar und mein Bestreben, mich selber langsam "überflüssig" zu machen zeitigt bereits erste Erfolge! Ihm gebührt mein Dank genauso, wie meiner Schwiegertochter, denn mit ihrer Hilfe und Computerarbeit wird auch unsere Dokumentation bis in rund einem Jahr wieder einigermassen à jour sein und an Aussagekraft gewinnen. Viel unsichtbare Arbeit im Zusammenhang mit der Katalogherstellung und dessen Versand wird jedes Jahr aber auch durch meine Frau und etliche Verwandte geleistet, ohne deren Hilfe Sie diesen neuen Katalog gar nie in die Hände bekämen! Herzlichen Dank auch ihnen.
Meine besten Wünsche zum neuen Jahre begleiten diesen Katalog. Es wird mir eine Freude sein, von Ihren eigenen auch 2008 zu hören und diese nach Möglichkeit auch zu erfüllen!
Schmerikon, 27. November 2007
Gottfried Honegger