Die folgenden Statistiken erheben keinerlei Anspruch auf Vollständigkeit, auch wenn Sie davon ausgehen können, dass dies die wohl umfassendste Studie dieser Ausgaben darstellt, die weltweit jemals erstellt worden ist. Die Daten sind seit rund 40 Jahren erhoben worden und umfassen Auktionen ab den 20er Jahren des letzten Jahrhunderts. Aber auch heute noch gibt es immer wieder Angebote mit Stücken, die noch nie erfasst werden konnten, weil sie noch nie an einer grösseren Auktion oder uns direkt angeboten worden sind. Die Registrierung wird immer zeitaufwändiger, weil bei jedem Stück mühsam abgeklärt werden muss, ob es nicht früher schon einmal erfasst worden ist. Vor allem bei gewissen ausländischen Auktionen findet man (vor allem in neuerer Zeit) sogenannte «Wanderlose», die ohne weiteres innert 2 – 3 Jahren bis zu 10x aufgetaucht sind. Also von einer Auktion zur andern «wandern». Für den Markt ist dies unbefriedigend, weil solche Lose bei weniger Informierten den Eindruck erwecken können, dass sie reine Massenware darstellen (sie erscheinen ja pausenlos immer wieder). Selbstverständlich nehmen wir in die Kartei alle Belege nur einmal auf.
Wir erfassen die Stücke nach folgenden Kriterien:
a) alle Briefe
b) alle Vorderseiten
c) alle Briefstücke, falls sie einen lesbaren und datierten Nebenstempel aufweisen
Briefstücke ohne Nebenstempel werden demzufolge nicht erfasst, auch keine losen Einheiten oder Einzelstücke. Ebenso verzichten wir auf die Registrierung von dubiosen Belegen, wo die echte Verwendung der Marken auf dem Brief umstritten ist.
Lassen Sie mich auf einige Punkte hinweisen, die in erster Linie auffallen:
Während wir in den bisherigen Listen (in unseren eigenen Katalogen oder dem Katalog des Schweiz. Briefmarken-Händlerverbandes) von einer Grundbewertung ausgegangen und die grösseren Einheiten dann so gut wie möglich extrapoliert worden sind, so sind die neuen Bewertungen viel genauer, indem die Zahlen nun von konkret ermittelten Stücken abgeleitet worden sind. Das hat zu einigen grossen Überraschungen geführt, die wir im preislichen Bereich nun halt zur Kenntnis nehmen müssen, weil sie neuerdings belegt werden können.
Einzelfrankaturen Orts-Post mit Kreuzeinfassung
Diese sind eindeutig seltener als Briefe mit Paaren der 13I.
Briefe mit Misch- oder Buntfrankaturen mit den häufigsten Wertstufen (17II, 15II, 16II) sind viel häufiger zu finden als Frankaturen von drei oder noch mehr Stücken 13I.
Einzelfrankaturen Orts-Post ohne Kreuzeinfassung
Diese sind wesentlich häufiger als Briefe mit zwei Marken 13II.
Mischfrankaturen mit Rayons sind Raritäten. Selbst die häufigste (mit 15II) muss man als selten bezeichnen. Alle andern sind grosse Raritäten.
Briefe mit vier Marken (bislang 10 gefunden) sind sehr selten. Interessanterweise müssen wir aber Briefe mit drei Stücken 13II (nur 4 gefunden) als noch viel rarer einstufen!
Einzelfrankaturen Poste Locales mit Kreuzeinfassung
Diese sind klar häufiger zu finden als Briefe mit einem Paar (oder zwei Einzelstücken) 14I. Wir haben 235 Briefe mit Einzelfrankaturen registriert und 175 Briefe mit zwei Marken. Aus diesem Grunde ist es richtig, die Einzelfrankaturen tiefer zu bewerten als Briefe mit zwei Marken.
Bei einem Blick auf die Abgangsorte fällt dann aber auf, dass die allermeisten Einzelfrankaturen 14I von Genf stammen. Allerdings – und dies ist nun sehr wichtig! – sind insgesamt 40 Briefe bekannt, die in Genf mit der Gitterraute entwertet worden sind. Für diese ist der Katalogpreis von 6000.– sicher ausreichend. Jedoch sind bislang nur 13 Briefe mit der eidgenössischen Raute von Genf bekannt (ab 8. August 1851). Letztere müssten deshalb gut und gerne mit dem doppelten Preis der Briefe mit Gitterraute versehen werden. Wir haben weiter untersucht und gefunden, dass von den total bisher aufgeführten 235 Einzel-frankaturen der grösste Teil aus dem Welschland stammt. So, nebst 55 Briefen von Genf, z.B. 30 Briefe von Neuchâtel, 13 Briefe von Vevey und 10 Briefe von Lausanne. Ebenso
zahlreiche aus dem Jura. Subtrahiert man diese häufigsten Städte, so müsste man Einzelfrankaturen anderer, vor allem kleinerer Orte, an sich deutlich höher einstufen. Plötzlich wären diese dann doch wieder seltener (und damit teurer) als Briefe mit einem Paar.
Interessante Anmerkung für die Verwendung der 14I in Genf
1. Es ist kein einziger Brief von 1850 bekannt, da Genf die erste Lieferung Poste Locales nach Bern zurücksandte. Die zwei losen Stücke mit der roten Rosette Nr. 3 (verwendet bis 31.12.1850) wurden sicher von auswärts nach Genf gebracht und dort verwendet.
2. Bekannt ist zwar ein Brief mit der schwarzen Rosette Nr. 3 (Verwendungszeit vom 1.1.51 bis 16.1.51), deren Marke aber sicher auch nach Genf gebracht worden ist.
2. Ab dem 1.1.52 bis zum Ende der Gültigkeit (30.9.1854) sind lediglich zwei Briefe bekannt.
3. Es ist kein einziger Brief von Genf selber bekannt mit zwei oder mehr Poste Locales.
Poste Locales ohne Kreuzeinfassung
Alle Briefe hier, in allen Kombinationen, sind als grosse Alt-Schweiz-Raritäten zu bezeichnen, die immer zu Liebhaberpreisen gehandelt werden. Vergessen Sie dabei nicht, dass in den (sehr geringen) bekannten Auflagezahlen auch schlecht erhaltene Stücke inbegriffen sind. Wenn jemand hier höhere qualitative Ansprüche stellen möchte, wird er nicht all zu selten ein ganzes Leben lang nicht fündig werden!
Mischfrankaturen mit Rayon I dunkelblau, 15I
Dies als kleiner Geheimtipp: alle Kombinationen von Orts-Post und Poste Locales mit 15I sind ausserordentlich selten zu finden. Mit 14II sind gar keine bekannt bislang.
Preisfestsetzung bei lediglich 1 – 3 bekannten Belegen
Es erscheint wenig sinnvoll, hier Preise vorgeben zu wollen, weil in diesen Fällen die Erhaltung und die Schönheit ausschlaggebend sind. Alle vorgeschlagenen Preise verstehen sich für sehr gute Stücke auf schönen Belegen. Bei all zu geringem Vorkommen besteht weder eine genügende Anzahl von Vergleichsstücken in guter Erhaltung, noch Erfahrungszahlen für eine solche Preisfestsetzung. Beispiel: es ist ein Briefstück mit einer waagrechten Zürich
4 und einer Poste Locale mit Kreuzeinfassung bekannt. Wie soll man hier einen Briefpreis (und erst noch in sehr guter Erhaltung) angeben können, wenn es gar keinen Ganzbrief gibt? Solche Stücke werden immer einzeln bewertet werden müssen und erzielen – je nach Marktlage – ohnehin Liebhaberpreise.
Gottfried Honegger