03 honegger philatelie Wissenswertes

2018, philatelistisch ein bedeutsames Jahr!

In Erinnerung bleiben uns meist jene Veranstaltungen, bei welchen man selber in irgend einer Funktion eine Aufgabe zu erfüllen hatte. Dabei gehen in der Rückschau die vielen andern, kleineren Börsen oder Ausstellungen vergessen. Allgemein wird es immer schwieriger, Sammler und Händler zu diesbezüglicher Mithilfe (wir reden hier in aller Regel von Fronarbeit!) zu bewegen. Das ist bedauerlich, aber nicht leicht abzuändern. Wenn aber in einem einzigen Jahr gleich zwei der wirklich herausragenden Veranstaltungen überaus erfolgreich über die Bühne gegangen sind, so ist dies eine Erwähnung allemal wert. Zunächst einmal die grandiose Ausstellung «Extrem – 175 Jahre Schweizer Briefmarken» im Museum für Kommunikation in Bern. Die hier gezeigten Alt-Schweiz-Seltenheiten waren schlicht phänomenal. Ich habe grosse Zweifel, ob es künftig möglich sein wird, je wieder eine dermassen grosse Fülle an hochkarätigen Stücken zu versammeln. Wir können dem ganzen Team von Ausstellungsmachern dazu nur gratulieren. Vom Schweiz. Briefmarken-Händlerverband waren die Herren Hans Schwarz und Jean-Paul Bach federführend beteiligt. Diese Ausstellung und auch der sehr gediegene Ausstellungskatalog werden in unvergesslicher Erinnerung bleiben.

Nur alle sechs Jahre findet in der Schweiz eine Nationale Briefmarken-Ausstellung statt. 2018 war dies in Lugano der Fall. Das Team um Adriano Bergamini hat uns eine Ausstellung präsentiert mit einer Fülle von aussergewöhnlich hochstehenden Exponaten, die allen in Erinnerung bleiben werden. Lugano bezeichnen viele als «schönste Stadt der Welt». Deshalb ist es schade, nur wegen einer Ausstellung den weiten Weg dorthin unter die Räder zu nehmen. Da haben alle jene, die dieses Jahr nicht noch ein, zwei Tage zur freien Verfügung angehängt haben, hoffentlich recht bald die Gelegenheit, wenn diese eingespielten Ausstellungsmacher sich erneut an die Planungsarbeit machen werden, dies nachzuholen! Auch dann werden mein Sohn und ich uns erneut persönlich dafür engagieren, aus aller Welt Sammler zu motivieren, in Lugano ihre Schätze zu zeigen. Diese Nationale in Lugano und auch die Ausstellung in Bern waren der eigentliche Anlass für das mit riesigem Aufwand verfasste Werk «Die Zürcher Kantonalmarken». Denn diese wurden 2018 175 Jahre alt! Es ist zur Hauptsache Jean-Pierre Senn und seinem Sohn Colin zu verdanken, die in vielen hundert Arbeitsstunden versucht haben, die Geschichte und die Entstehung der ersten Schweizer Briefmarken, eben der Zürich 4 und 6, zu erforschen. Es sind dabei ganz neue Ideen und Gesichtspunkte zu Tage getreten, die aufzeigen, dass auch uraltes Wissen oder Überlieferungen neu überdacht, ergänzt oder korrigiert werden müssen. So hat Jean-Pierre Senn in ausserordentlich umfangreichen Nachforschungen nachweisen können, dass es vor 1846 schon Zürcher Marken mit waagrechten Unterdrucklinien gegeben hat, was Jakob Gnägi in seinem Büchlein «Die Zürcher Kantonalmarken von 1843» auf Seite 20 schon als Möglichkeit angedeutet hatte. Jean-Pierre Senn listet akribisch die gefundenen Belege auf und kommt für die Jahre 1843, 1844 und 1845 für die Zürich 4 total auf 3 Belege (evtl. + 1) und für die Zürich 6 auf insgesamt 5 Stücke (evtl. + 1). Sollte der Nachweis der Echtheit dieser Belege überall gelingen, kommt man damit auf eine Prozentzahl der waagrechten Marken vor 1846 von um die 1% der senkrechten Marken. Selbstverständlich ist davon auszugehen, dass in den kommenden Jahren hier noch weitere auftauchen, weil hoffentlich möglichst viele Sammler nach solchen Stücken Ausschau halten werden. Diesbezügliche Mitteilungen von solchen Belegen nimmt er – oder auch wir – sehr gerne entgegen. Nach Gnägi könnte dies auf einen oder allenfalls zwei irgendwie beschädigte senkrechte Bogen schliessen lassen, die zwecks Papier-Ersparnis zurecht gestutzt und quer eingelegt worden waren. Senn hat damit bewiesen, dass man durch fleissige Arbeit auch heute noch neue Sachen bei unseren alten Schweizer Marken entdecken kann. Und ganz nebenbei hat er dadurch eine interessante Theorie nicht nur als Möglichkeit angedeutet, sondern nachgewiesen. Nach meinem Dafürhalten müsste man diese waagrechten Marken vor 1843 als Abarten der senkrechten Ausgabe auflisten und entsprechend höher bewerten. Ob diese Eingang in den Katalog finden, entscheidet nicht zuletzt die Nachfrage der interessierten Sammler. Das Problem dabei wird nur sein, dass man diese Abarten nur bei Briefen nachweisen kann.

Eine weitere – nicht geringere – Neuentdeckung hat einer der sicherlich versiertesten Kenner der Steindruckausgaben der Schweiz, Bernhard Geiser, bei der Poste Locale ohne Kreuzeinfassung gemacht. Die Untersuchung und die Meinungsbildung ist aber noch nicht abgeschlossen, sodass dies an dieser Stelle noch nicht weiter ausgeführt werden soll.

 

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