175 Jahre Durheim-Ausgaben
Vor 25 Jahren feierte man das 150-Jahre-Jubiläum der Durheim-Ausgaben. Damals habe ich für unseren Honegger-Katalog 2000 einen Artikel verfasst, der auf dem Titelbild den unbestritten echten und tadellosen, seltensten Beleg mit Durheim-Ausgaben zeigen sollte. Ich bin dabei auf das heutige Titelbild gestossen und heute, nach einem Vierteljahrhundert, muss ich ge- stehen, dass mir kein bedeutenderer Durheim-Beleg zu Gesicht gekommen ist. Den 16I-Brief im Museum für Kommunikation in Bern lasse ich hierbei weg, weil dieser Museumsbrief ja der Sammlerwelt entzogen ist und kaum mehr auf dem freien Markt erhältlich sein wird. In diesem Vierteljahrhundert sind mir weiss Gott sehr viele grosse und ganz grosse Seltenheiten der Alt- Schweiz-Ausgaben durch die Hände gegangen. Zum Beispiel Belege nach extrem seltenen Destinationen. Aber das waren dann keine reinen Durheim-Ausgaben, weil dort verschiedene Hersteller involviert waren. Darin liegt die Begründung, warum ich dieses Titelbild noch einmal für unseren nächsten Katalog gewählt habe, weil diese einmalige Nachnahme von Thun nach Frutigen für mich immer noch der seltenste und bedeutendste Durheim-Beleg darstellt.
Zunächst eine Erklärung: Carl Durheim (1810 – 1890) war einer der ersten hauptberuflich tätigen Fotografen in der Schweiz. Daneben widmete er sich als Lithograf dem Druck der ersten eidgenössischen Briefmarken mittels Steindruckverfahren. Es handelte sich dabei um die Katalognummern 13 – 20. Anfänglich erfolgte der Druck mit zwei verschiedenen Farben, hernach sogar mit drei und am Schluss aus Zeitnot nur noch mit einer einzigen Farbe.
Nach jedem Farbdruck wurde der Druckbogen zum Trocknen aufgehängt und konnte erst am nächsten Tag zum Druck der nächsten Farbe wieder benützt werden. Die Reihenfolge der Farben wechselte. Nun geschah einmal ein Missgeschick, das uns eine der grössten Seltenheiten der klassischen Schweizer Philatelie bescherte: ein Druckbogen war schon mit der schwarzen und roten Farbe bedruckt. Für den Druck der gelben legte der Drucker den Bogen verkehrt in die Druckpresse ein. Dadurch entstand dann der weltberühmte «verkehrte Gelbdruck»! Wie das aussieht, sehen Sie in der Ausschnittfotografie.
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Um welche Nummern handelt es sich nun bei unserem Titelbild? Einmal um eine Orts-Post Marke, Nummer 13I, zusammen mit einer dunkelblauen Rayon, Nummer 15II und einer gelben Rayon II, Stein A1 Obere Gruppe, Type 20. Allein schon diese Dreifarbenkombination ist sehr selten. Wir haben bis heute davon (in unterschiedlichen Erhaltungsstufen) nicht mehr als 6 Be- lege notiert, weshalb allein diese Kombination im Katalog schon mit CHF 40’000.– bewertet ist. In unserem Beispiel kommt nun aber eben noch bei der gelben Rayon die Abart 2, also der kopfstehende Gelbdruck hinzu, der allein bewertet auf Brief mit CHF 300’000.– notiert: Zusammen in der Dreifarbenfrankatur wäre dies natürlich noch viel höher, aber dafür gibt es gar keine Bewertung mehr im Katalog, weil es sich um ein reines Liebhaberstück handelt.
Bislang kennt man einen Brief mit diesem «verkehrten Gelbdruck» aus der Sammlung Anderegg, der sich heute in der wohl grössten Alt-Schweiz-Sammlung der Schweiz, der Sammlung Seeland, befindet, die sich nicht nur im Alt-Schweiz-Bereich, sondern in vielen weiteren Spezialgebieten der ganzen Schweizer Philatelie auszeichnet.
Als zweiter Beleg unser Titelbild. Weiter sind keine Briefe damit bekannt. Selber hat mich diese Rarität zeitlebens fasziniert und ich bin während Jahrzehnten all diesen Stücken – soweit mir dies möglich war – nachgegangen. Dr. Streiff kannte zu seinen Lebzeiten sechs Stück dieses «verkehrten Gelbdruckes», Werner Städeli nannte mir deren acht. Nach vielen Jahren gelang es mir, total 14 dieser Seltenheiten aufzuspüren und zu dokumentieren. Diese befinden sich allerdings nicht im freien Handel (teilweise in Museen). Dr. Streiff meinte, dass es nur einen einzigen Bogen mit dieser Abart gebe. Und da der Druckstein A1 in zwei 40er-Bogen gedruckt worden war, wären dies total 80 dieser Fehldrucke, die es an sich geben müsste. Der Nachweis, dass es zwei Druckbogen gab, konnte bisher nicht erbracht werden, weil man keine der bisher bekannten Typen bislang zweimal gefunden hat. Dies im Gegensatz zu den hellblauen Rayons mit voller Kreuzeinfassung, wo man ein Bogenfeld mit vollständiger Kreuzeinfassung zweimal entdeckt hat!
Interessant ist ein Vergleich mit den geben Rayons mit voller Kreuzeinfassung. Dort kommen diese bei zwei Drucksteinen vor:
Stein A1:
13 lose Stücke, 1 Briefstück und 4 Briefe, Katalogpreise: lose = 220’000.–, Brief 440’000.–.
Stein A3:
18 lose Stücke, 2 Paare, 2 Briefe, dazu ein Brief mit Dreierstreifen im Museum in Bern.
Katalogpreise: lose = 170’000.–, Briefe 400’000.–.
Wenn man etwas zur Seltenheit der «verkehrten Gelbdrucke sagen möchte, ist es dies, dass sie wesentlich seltener sind, als eine volle Kreuzeinfassung der gelben Rayons und dass es sich hier um eine reine Durheim-Frankatur handelt. Und wenn man noch die Seltenheit der Dreifarbenfrankatur miteinbezieht, so verstehen Sie, warum man an solch einem Stück ein Leben lang Freude hat. Ob sich mein Sohn durch eine grosszügige und faire Offerte zur Einleitung eines Verkaufs-Geschäfts bewegen liesse, müssen Sie ihn schon selber fragen!
Was der Bordeaux-Brief für Sammler der ersten Mauritius-Marken darstellt, ist unser Titelbild für die Alt-Schweiz-Philatelie! An Qualität, Schönheit und Seltenheit nicht zu überbieten!